Sonntag, 26. Februar 2012

Arbeitseinkommen eines Kommanditisten ohne tätige Mitarbeit

§ 18a SGB 4 in der Fassung bis 31.12.2001 enthielt keine eigene Definition des Arbeitseinkommens. Laut dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 27.1.1999, Aktenzeichen: B 4 RA 17/98 R setzt Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB 4 eine eigene Arbeitstätigkeit des Betroffenen voraus, so dass bei fehlender Mitwirkung im Betrieb, wie beispielsweise bei Kommanditisten, Arbeitseinkommen nach § 15 SGB 4 nicht vorliegt.

Laut den rechtlichen Arbeitsanweisungen der DRV
zu § 15 SGB IV wurde durch das AVmEG mit Wirkung ab dem 01.01.2002 eine abweichende Definition in § 18a Abs. 2a SGB 4 eingefügt. Diese Ergänzung wurde durch die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 27.1.1999 erforderlich.

Die Neuregelung des § 18a SGB 4 hatte die Zielsetzung alle Einkommensarten unabhängig von der aktiven Mitarbeit zu erfassen.

Das BSG hat mit Urteil vom 25.2.2004, Aktenzeichen: B 5 RJ 56/02 R
die volle Parallelität von Einkommenssteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung von Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens bekräftigt und festgehalten das Einkünfte des Kommanditisten auch ohne tatsächliche Mitarbeit als Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV zu werten sind.
"eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird"
"eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird"

Welche Folgerungen ergeben sich daraus? Bei der Einkommsanrechnung gem. § 97 SGB VI sind bei Witwen- oder Witwerrenten auch Einkommen von Kommanditisten ohne eigene Arbeitstätigkeit anzurechnen.

Die Rentenversicherungsträger werden bei Überprüfung dieser Fälle erhebliche Überzahlungen feststellen. Soweit der Rentenantrag vor der Entscheidung des 5. Senats vom
25.2.2004 gestellt wurde bestehen u.U. Chancen, das nur ein Teil der Überzahlung zurückgezahlt werden muss. Hierbei kommt es allerdings auf den Einzelfall an.

Bei Überzahlungsfällen aus Einkommensanrechnung empfiehlt es sich Rechtsrat von einem Rentenberater und Rechtsbeistand zu holen.
BSG, Urteil vom 27. 1. 1999 - B 4 RA 17/98 R
BSG, Urteil vom 27. 1. 1999 - B 4 RA 17/98 R
BSG, Urteil vom 27. 1. 1999 - B 4 RA 17/98 R setzt Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB 4 eine eigene Arbeitstätigkeit des Betroffenen voraus, so dass bei fehlender Mitwirkung im Betrieb, wie beispielsweise bei Kommanditisten, Arbeitseinkommen nach § 15 SGB 4 nicht vorliegt

Montag, 20. Februar 2012

Berufskrankheit Schwerhörigkeit BK 2301

Heute war ein Mandant da zwecks Prüfung seiner Chancen bezüglich einer Berufskrankheit Schwerhörigkeit - BK 2301.

Die Lärmschwerhörigkeit ist eine Schallempfindungsschwerhörigkeit von Haarzelltyp, das heißt eine Innenohrschwerhörigkeit, und keine Schallleitungsstörung. Zunächst ist die Wahrnehmung des höheren, später erst die der mittleren und eventuell der tieferen Töne beeinträchtigt.

Laut dem Amtlichen Merkblatt überwiegt die Hochtonstörung im Bereich von 4.000 Hz (sogenannte Hochtonsenke).

Ein Hörverlust im tiefen Frequenzbereich spricht im allgemeinen gegen eine berufsbedingte Hörstörung.

Da bei meinem Mandanten keine Hochtonsenke, sondern eine Tieftonsenke nachgewiesen wurde, habe ich ihm empfohlen, sein Begehren bezüglich einer Verletztenrente wegen einer Berufserkrankung Schwerhörigkeit nach Nr. 2301 nicht weiter zu verfolgen.

Freitag, 17. Februar 2012

Versorgungsanstalt der Deutschen Bezirksschornsteinfegermeister - Zurruhesetzung aus gesundheitlichen Gründen

Vor zwei Jahren kontaktierte mich ein Bezirksschornsteinfegermeister wegen Gewährung von Ruhegeld vor Vollendung des 65. Lebensjahres - Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit.

Der Mandant war vom 01.07.1982 bis 23.07.2001 Mitglied der Versorgungsanstalt der Deutschen Bezirksschornsteinfegermeister- VdBS.

Mit Bescheid vom 18.07.2001 hat das Amt für Umweltschutz in Stuttgart die Bestellung meines Mandanten als Bezirksschornstein-fegermeister widerrufen.

Da die Bestellung durch das Amt für Umweltschutz als zuständige Bestellbehörde widerrufen wurde, hat mein Mandant keinen Anspruch auf Gewährung von Ruhegeld vor Vollendung des 65. Lebensjahres nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Schornsteinfegergesetz (SchfG). Unerheblich sei dabei, ob der Widerruf rechtmäßig erfolgte.

Vor dem Zeitpunkt des Widerrufs war mein Mandant an Borreliose erkrankt.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Stuttgart hat die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg nach erneuter Überprüfung des Sachverhalts anerkannt, das der Kläger rückwirkend seit Juli 2001 voll erwerbsgemindert ist.

Das Klageverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München wurde eingestellt, weil mein Mandant weder 65 Jahre alt war, noch er gemäß § 10 SchfG in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen versetzt wurde. Vielmehr sei die Bestellung des Mandanten für den Kehrbezirk von der Landeshauptstadt Stuttgart im Juli 2001 wiederrufen worden.

Da laut dem Bayerischen Verwaltungsgericht München die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 SchfG nicht vorliegen, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Klage keinen Erfolg haben. Im übrigen weist das Gericht auf § 48 SchfG hin, wonach Ansprüche gegen die Versorgungsanstalt in vier Jahren verjähren.

Fazit: Ein Widerruf ist für die Versorgungsanstalt günstiger als ein Ruhegeld aus gesundheitlichen Gründen. Die zuständige Bestellbehörde muss nur rechtzeitig die Bestellung des Bezirksschornsteinfegermeister widerrufen. Falls ein Widerruf nicht die Ausnahme ist, besteht eine Versorgungslücke im Bereich der Berufsunfähigkeit, die über eine private Rente wegen Berufsunfähigkeit zu schließen wäre.

Montag, 13. Februar 2012

Garantiezinsen für Lebens- und Rentenversicherungen

Für einen Gesellschafter-Geschäftsführer habe ich seine Lebens- und Rentenversicherungsverträge überprüft.

Für Verträge ab Juli 1994 bis Juni 2000 betrug die Garantieverzinsung noch 4,00 %. Für den Zeitraum von Juli 1986 bis Juni 1994 war die Garantieverzinsung bei 3,5 %. Vor Juli 1986 betrug der Garantiezins 3,0 %. Die Garantieverzinsung (Höchstrechnungszinssatz) bezieht sich auf den Sparanteil der Einzahlungen, das ist der Beitrag abzüglich Abschlusskosten, Verwaltungskosten und Beitragsanteil für Risikoanteil (circa zwischen 10 - 20 %).

Im Jahr 2012 wurde die Garantieverzinsung von 2,25 % auf 1,75 % gesenkt. Diese Mindestverzinsung gilt aber nur für Neuverträge im Jahr 2012.

Insoweit sollten alte Verträge mit höheren Garantiezinsen nicht gekündigt werden. Die vorzeitige Kündigung ist auch wegen niedrigen Rückkaufwerten, die unterhalb der eingezahlten Prämien liegen häufig verlustreich. Zu vermeiden ist der Wechsel von Versicherungsverträgen, bei dem häufig nur der Versicherungsvermittler über Abschlussprovisionen profitiert.

Viele Versicherte stecken ohne es zu wissen in der Kostenfalle: Bei Monatsbeiträgen verlangen die Versicherer ca. 5 % Ratenzuschlag (effektiver Jahreszinssatz 11,35 %). Für den Monatsbeitrag gibt es weniger Rente als bei Jahresbeitrag. Eine weitere Kostenfalle sind die Dynamisierungen bei Lebens- und Rentenversicherungen, da für den Dynamisierungsanteil Abschlusskosten anfallen.

Dem Mandanten habe ich die Umstellung auf Jahreszahlung und die Kündigung der Dynamik empfohlen.

Freitag, 3. Februar 2012

Rentenberatung für Vorstand einer Aktiengesellschaft

Heute war ein 51-jähriger Vorstand einer Aktiengesellschaft bei mir in der Rentenberatung. Ihm ging es um Fragen der Altersversorgung, insbesondere um folgende Punkte:
  • Anwartschaftsaufrechterhaltung durch freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung?
  • Welche Versorgungslücken habe er und welche Fristen sind zu beachten?

Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in dem Unternehmen, dessen Vorstand sie angehören, nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Diese Regelung gilt auch für stellvertretende Vorstandsmitglieder.

Soweit der Vorstand einer AG daneben eine weitere Beschäftigung ausübt, die nicht nur geringfügig ist, besteht ab 01.01.2004 Rentenversicherungspflicht für die weitere Beschäftigung.

Da der Mandant vor dem 01.01.1984 keine 60 Monate Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, können freiwillige Beiträge nicht für die Anwartschaftsaufrechterhaltung einer Rente wegen Erwerbsminderung genutzt werden.

Das letzte Beschäftigungsverhältnis endete im Juli 2010.

Der Vorstand hat keine private Rente wegen Berufsunfähigkeit und wäre, wenn keine Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden, ab Juli 2012 nicht mehr für den Leistungsfall einer Rente wegen Erwerbsminderung abgesichert. Nach Ablauf von zwei Jahren ab Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht mehr erfüllt.

Insoweit habe ich ihm empfohlen einen Antrag auf Versicherungspflicht für Selbständige vor Juli 2012 einzureichen. Solange der Mandant Vorstand der Aktiengesellschaft ist, verbleibt es bei der gewählten Versicherungspflicht. Die Versicherungspflicht endet mit Vertragsende als Vorstand.

Bei der Beratung wurde eine Versorgungslücke im Bereich Krankentagegeld entdeckt. Seit mehreren Jahren wurde die Krankentagegeldversicherung nicht mehr angepasst. Zu klären wäre wie lange er als Vorstand für den Fall der Arbeitsunfähigkeit sein Gehalt weiter erhält. Danach ist eine Absicherung über Krankentagegeld in entsprechender Höhe erforderlich.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Myotone Dystrophie Typ I - GdB Schwerbehinderung

Heute war ein 31-jähriger Mandant mit dem Krankheitsbild Myotone Dystrophie bei mir.

Das Landratsamt Ostalbkreis in Aalen hat mit Bescheid vom 30.09.2011 einen Grad der Behinderung von 30 seit 01.08.2011 festgestellt. Ein Widerspruch, der am 17.10.2011 eingelegt wurde blieb erfolglos.

Die Myotone Dystrophie Typ 1, kurz DM1, auch Myotonia dystrophica, Dystrophia myotonica oder Morbus Curschmann-Steinert genannt, nach den Erstbeschreibern Hans Curschmann und Hans Gustav Wilhelm Steinert (deutscher Internist, 1875-1911) ist eine Form der myotonen Muskelerkankung mit Muskelschwäche, Linsentrübung und Hormonstörung (Hypogonadismus). Mit einer Inzidenz von 5/100.000 ist es die häufigste Myotonie und befällt Jungen öfter als Mädchen. Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant, siehe Seite „Myotone Dystrophie Typ 1“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 29. Oktober 2011, 20:12 UTC

Laut dem Institut für Klinische Genetik im Olgahospital fanden sich neben einem normalen 9 kb EconR1- bzw. 3.4 kb BgII-Fragment um ca. 1.0-2.4 kb verlängerte EcoR I und BgII-Fragmente, die einer Zunahme um ca. 330 -800 CTG-Einheiten entsprechen. Somit ist der klinische Verdacht einer Myotonen Dystrophie Typ I molekulargenetisch bestätigt.

Seit der Pupertät kam es zu einer fortschreitenden Muskelschwäche insbesonderen an den Händen. Ihm sind eine Muskelatrophie an den Unterarmen und eine vermehrte Tagesmüdigkeit aufgefallen. Er hat Probleme beim Öffnen oder Verschließen von Flaschen, dem Herausziehen seines Geldbeutels aus der hinteren Hosentasche und bemerke, das er seine Arbeit deutlich anstrengender empfinde.

Laut den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Ziffer 18.6 Muskelkrankheiten ergibt sich folgendes:

Muskelschwäche mit geringen Auswirkungen (vorzeitige Ermüdung, gebrauchsabhängige Unsicherheiten) = Einzel-GdB zwischen 20 und 40.

Muskelschwäche mit mittelgradigen Auswirkungen (zunehmende Gelenkkon trakturen und Deformitäten, Aufrichten aus dem Liegen ... nicht mehr möglich, Unmöglichkeit des Treppensteigens) = Einzel-GdB zwischen 50 und 80.

Muskelschwäche mit schweren Auswirkungen (bis zur Geh- und Stehunfähigkeit und Gebrauchsunfähigkeit der Arme) = Einzel-GdB zwischen 90 und 100

Zusätzlich sind bei einzelnen Muskelkrankheiten Auswirkungen auf innere Organe (z.B. Einschränkung der Lungenfunktion und/oder der Herzleistung durch Brustkorbdeformierung) oder Augenmuskel-, Schluck- oder Sprechstörungen (z.B bei der Myasthenie) zu berücksichtigen.

Da mein Mandant in den letzten zwei Jahren nicht in konsequenter Behandlung bei den Fachärzten war, sind wir übereingekommen, keine Klage bei dem Sozialgericht Ulm einzureichen. Mein Mandant wird in der nächsten Zeit verstärkt die Fachärzte aufsuchen und bei mir einen Erhöhungsantrag beim Landratsamt Ostalbkreis einreichen.